zum Bürgerantrag „Verzicht auf eine Bebauung des Geländes der ehemaligen Stadtgärtnerei und stattdessen Einrichtung eines Ökologischen Zentrums“, vom 12.01.2021 an den Rat der Stadt Bonn, von der Bürgerinitiative (BI) gegen die Bebauung des Meßdorfer Feldes (Rudolf Schmitz).

Wir, der Neue Stadtgärtnerei e.V., nehmen Stellung zum Bürgerantrag der Bürgerinitiative für die Erhaltung des Meßdorfer Feldes. In dem Antrag wird die Einrichtung eines Ökologischen Zentrums auf dem Gelände der alten Stadtgärtnerei gefordert und sich gleichzeitig gegen eine dortige Bebauung ausgesprochen.

Seit Bestehen unseres Projekts sind wir um stetigen Austausch mit der BI bemüht und für Gespräche offen. Wie die BI sind wir der Meinung, dass das Meßdorfer Feld für Bonn, durch seine landwirtschaftliche Nutzung, seinen Naherholungswert und seine stadtklimatische Funktion, einen einzigartigen Raum darstellt und daher nicht bebaut werden darf. Genauso wie die BI, spricht sich der Neue Stadtgärtnerei e.V. klar für Klimaschutz und Naherholung aus. Wir sind ebenfalls Bürger*innen Bonns, vielfach mit Wurzeln in der Klimabewegung. Wir sehen uns und unser Konzept als Teil der sozialökologischen Transformation unserer Stadt und wollen damit zur Bonner Nachhaltigkeitsstrategie beitragen.

Das Meßdorfer Feld muss also erhalten bleiben. Gleichzeitig müssen wir einen Weg finden, in unserer Stadt Wohnraum für alle bereitzustellen. Bonn benötigt dringend bezahlbaren und zugänglichen Wohnraum sowie regionale Nahrungsmittel – ein unvereinbarer Konflikt?

Im Fall der alten Stadtgärtnerei, die seit Jahren brach liegt, finden wir dies nicht. Denn sie liegt nicht auf dem Meßdorfer Feld, gehört dagegen zur Stadtbebauung und erschließt sich über die Straße am Dransdorfer Berg. Sie ist durch ihre bereits versiegelte Fläche (mind. 2000 m³ Beton) nicht dienlich für unser Stadtklima (siehe Bild Hitzekataster). Durch die hohe Versiegelung kann die alte Stadtgärtnerei nicht zu den Freiräumen und Naherholungsgebieten Bonns gezählt werden, die ausdrücklich geschützt werden sollten.

Dadurch – und durch die Nähe zum Meßdorfer Feld ist die alte Stadtgärtnerei, in
außerordentlicher Weise als Standort für ein Pionierprojekt prädestiniert. In diesem werden zukunfts- und enkeltaugliche, klimaneutrale Lebensweisen praktisch angewendet, gelebt und gelernt sowie Interessierte mit öffentlich zugänglichen Angeboten aktiv eingebunden.

Der Neue Stadtgärtnerei e.V. hat über mehrere Jahre hinweg ein Konzept entwickelt, welches dies durch die Verbindung von drei Projektsäulen vorschlägt:

  • Öffentlich zugängliches Umweltbildungs- und Nachbarschaftsbegegnungszentrum
  • Mikrofarm (mit Agroforstsystem) zur kollektiven Produktion von Nüssen, Obst und Gemüse zur Nahversorgung der Bewohnenden und des Stadtteils (v.a. für einkommensschwache Familien, die sonst wenig Zugang zu Bionahrungsmitteln haben)
  • Klimapositive Wohnbebauung (langfristig bezahlbarer, größtenteils sozialer Wohnungsbau für ca. 100 Menschen)

Hierbei sollen die Geschichte, die Funktion und der Charakter der alten Stadtgärtnerei
wertgeschätzt, erhalten und umgenutzt werden, anstatt kostspielig dem Erdboden gleich gemacht zu werden. Eine reine Entsiegelung ohne Bebauung kann nach derzeitigem Wissensstand nicht finanziert werden. Das Projekt hingegen hat eine integrierte Finanzstrategie, bei der sich die drei Säulen Wohnen, Bildung und Landwirtschaft sowohl inhaltlich als auch finanziell gegenseitig stärken.

Zudem ergänzen sämtliche Elemente des Konzeptes die wichtigen Funktionen des Meßdorfer Feldes und knüpfen an die bereits bestehenden Initiativen wie der grünen Spielstadt und die internationalen Gärten an. Auch Kooperationen mit Schulen, Kitas und anderen Einrichtungen im Stadtteil sind vorgesehen. Dadurch wird ein gelungenes Beispiel für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt ermöglicht und ein entscheidender Beitrag zur Bauwende geleistet.

Durch die geplanten Angebote wird Naherholung geschaffen und Naturschutz sowie Versorgung mit ökologisch lokalen Lebensmitteln gesichert (ganz im Sinne des integrierten Freiraumsystems (IFS)). Die Erkenntnisse aus dem Projekt sollen zudem wissenschaftlich aufbereitet werden und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Der Dialog über sozialökologische Transformation und Inspiration für nachfolgende Projekte soll dadurch lokal aber auch überregional gefördert werden.

Ein alleiniges ökologisches Zentrum, ohne Bewohnende die o.g. aktiv mitgestalten, umsetzen, und am Leben halten sowie einem Agroforstsystem, das Theorie und Praxis in Bezug auf die ökologische Lebensmittelproduktion miteinander verbindet, könnte die sozialökologische Transformation wohl nicht erfüllen. Die Neue Stadtgärtnerei e.V. ist hingegen mit ihren Ehrenamtlichen, ihrem Netzwerk und den potentiellen Kooperationspartner*innen ein starker Wandelakteur. Wir bieten verschiedene Lösungsansätze an einem Ort – technisch, ökologisch und sozial innovativ.

Wir wollen mit unserem Projektvorhaben dazu beitragen, Bonns Klimaziele und damit
Klimaneutralität bis 2035 zu erreichen und setzen auf die Zusammenarbeit mit der Stadt, um gemeinsam diese große Herausforderung zu meistern.

Als Verein Neue Stadtgärtnerei e.V. sprechen wir uns daher klar gegen den Bürgerantrag der Bürgerinitiative Meßdorfer Feld aus.

Wir begrüßen stattdessen den Ratsbeschluss, der auf dem Gelände der ehemaligen
Stadtgärtnerei die Verknüpfung von Wohn-, Lern- und Naturraum ermöglicht und wünschen uns die Weiterentwicklung dieses Beschlusses. Für Gespräche stehen wir jederzeit zur Verfügung.

gez. Neue Stadtgärtnerei e. V.
c/o Alexander Gabriel
Rheindorferstr. 56
53225 Bonn

Auf der Katasterkarte sieht man oben in der Mitte das Gelände der alten Stadtgärtnerei, wobei schwarz die meiste Hitze anzeigt. Es zeigt das angrenzende Gelände der alten Stadtgärtnerei als Hitzehotspot, was an der hohen Versiegelung des Geländes liegt. Dadurch stellt es eine extreme ungünstige bioklimatische Situation auf dem gesamten Gelände dar!


Download: http://neue-stadtgaertnerei.org/wp-content/uploads/2021/05/Neue-Stadtgaertnerei-Positionspapier-Mai-2021.pdf

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